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Lockdown XYZ - Tag 127. (Fast) ganz alleine im Museum.

Der AG soll/will/muss/darf Tests anbieten - und meiner tut das auch. So lange Pandemie und ich gehe heute zum 1. Mal zum Test. Als ich es erfahren habe, dachte ich: hm, naja. Soll ich hinterher noch "shoppen" gehen? Friseur? Kosmetik? Nein, alles nicht mein Ding - ich als ich sehe da nur eine Option: ich gehe ins mittlerweile nur noch mit Negativtest betretbare Museum und buche mir frohen Mutes direkt ein Zeitfenster. 

 

Fast ganz alleine bin ich in der Alten Nationalgalerie und sitze zum 1. Mal im Leben viertelstundenlang vor Monets "Sommer" ohne dass jmd durchs Bild läuft, labert, oder sich Gruppen an mir vorbeischieben. Ein bisschen werde ich das in normalen Zeiten wieder vermissen. 

Ich flaniere durch Menzels Werke, vertiefe mich in sein "Balkonzimmer" ohne das jemand stört. Einsame Wärter patrouillieren immer mal wieder vorbei, das wars dann aber auch schon wieder. Zwei von ihnen reden darüber, "wie lange dit noch bis zua Rente dauert, wa.". Mehrfach wird mein Ticket gescannt, mehrfach werde ich etwas schräg angeschaut, als ich nach 10 Minuten immer noch vor dem "Sommer" sitze. Aber es ist einfach so herrlich, wie sich der Sommer in mir ausbreitet, wie die Sonne & das flirrende Licht mich reinziehen und ich auf der Wiese liege, zusammen mit der Frau mit dem Sonnenschirm. Über mir die Birken und die Hitze. Es fühlt sich an, als wäre der ganze Coronadruck plötzlich weg. Ich kann tiefer atmen und meine Schulter fühlen sich nicht mehr stahlhart an, sondern entspannt. Heute morgen noch war es, als würde man Stahl massieren und es tat weh, wie all die letzten Wochen. Vor dem "Sommer" fließt nach einigen Minuten Ruhe durch mich hindurch. Daneben hängt der Renoirs "Blühender Kastanienbaum" und zieht mich an diesen Fluss, auf die grüne Wiese neben dem blühenden Baum. Das Gras am Ufer ist ganz grün und saftig und der Sand auf dem Weg heiß und staubig. Ich bin in einer anderen Welt, ohne Corona, mit viel Ruhe und Sonne und Auszeit. 

Als ich nach anderthalb Stunden das Museum verlasse fühle ich mich, als hätte ich grade einen Miniurlaub hinter mir. Und der neue Inzidenzwert, die Bundesnotbremse und die trüben Aussichten können mich nicht mehr so richtig anstecken. Und: wir stehen auf der Impf-Nachrückerliste und hoffen einfach mal, dass wir eventuell irgendwann auch was davon abbekommen. 

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