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Lockdown2-3: Tag 92. Noch mehr Kultur.

Wir sind nicht die einzigen in der Schlange vor dem neuen Museum, aber alle sind happy, der Türsteher ist glücklich und hilft jedem persönlich weiter, alle sind zufrieden mit ihrem Zeitfensterchen. Da stehen Menschen, die ich erwartet hätte und Leute, die ich im Leben hier nicht vermutet hätte - alle vereint in dem Wunsch, ein wenig rasuzukommen und den Geist mit was Anderem als der Mediathek zu füllen. Wir stehen gefühlt lange in der Schlange, und das, nachdem wir bereits durch Hagelsturm, Regen und die Sonne durchgepustet waren, das Wetter spielt verrückt. Aber da ich zur Feier des Tages einen neu erworbenen Vintage-30er-Jahre-Hut trage, wird mir zumindest nicht kalt am Kopf. Man hat ja keine Chance, die Dinge mal irgendwohin auszuführen, also muss der Hut nun mit ins Museum!

 

Es ist wunderbar, den behüteten Kopf mit Scherben und Papyri zu füllen, Statuen anzuschauen und über Ägypten zu fachsimpeln, Nofretete in die Augen zu schauen und danach noch 2 Stockwerke voller dröger Funde durchzugehen. Fibeln, Broschen, Messer ohne Ende, Maschinengewehre und neolithische Schädel. Eigentlich ist es fast egal, Hauptsache, wir haben mal anderen Input als das ewige Einerlei der letzten 5 Monate. Und da der nächste Lockdown schon seit Tagen dräut, drängt es auch mit den neuen Eindrücken. Keine Ahnung, wie lange das noch weitergehen soll, aber die Freundin, die sich eine Ausstellung Ende April (!) ausgesucht hat, scheint mir doch sehr optimistisch zu sein ?!

Nach 3 Stunden Museum tun uns die Füße weh, der Kopf ist unfassbar voll, und als wir in der Bahn nach Hause sitzen, kommen wir uns als hätten wir jahrelang kein Museum mehr von innen erlebt, so voll und durch sind wir. Während der Teenie noch um 18 Uhr in einem Webinar für Deutsch sitzt, in dem Journalisten den jungen Menschen von ihrem Beruf erzählen, haben wir uns draußen rumgetrieben. Verkehrte Welt. 

Und ein Tag, an dem ich nichts mehr von Masken-Skandalen, Apotheker-Bereicherungen aufgrund falsch berechneter Maskenpreise und Astra Zeneca hören will. Ich möchte einfach nur hier und jetzt sein. Alles andere ist wirklich grade Zuviel. Werden die diversen geplanten feiern dieses Jahr stattfinden? Keine Ahnung. Werden wir irgendwohin fahren, das weiter als 20 Kilometer entfernt ist? Keine Ahnung. Werden die Teenies wieder in die Schule dürfen? Keine Ahnung. Werden wir Ostern in Familie sein? Keine Ahnung. Und da ich das alles nicht weiß, buche ich für Anfang August ein Ferienhäuschen an der Saale und hoffe, dass alles gut gehen wird. Stornieren kann ich bis 2 Tage vor Anreise. Es braucht viel Hoffnung und Vertrauen, das zu tun, aber ich mach jetzt einfach mal. NICHTS zu tun ist immer noch schlechter als IRGENDWAS zu tun. 

 

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